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Je mehr Veränderung, desto schwerer das Ziel

 

Sie kennen die HelfRecht-Definition: „Erfolg ist, die eigenen Ziele zu erreichen.“ Drei Schritte sind hierzu notwendig: Als Erstes sollten Sie Ihr Ziel möglichst konkret festlegen. Dann gilt es, den Weg zu planen – zumindest aber die erste größere Teiletappe. Und erst mit dieser Vorbereitung macht es Sinn, sich auf den Weg zu machen.

Die „richtigen“ Ziele festzulegen, ist richtungsweisend für alles Weitere. Meistens unterscheiden wir Ziele nach dem Zeithorizont, also ob sie sich auf dieses Jahr, die nächste strategische Periode oder auf das Lebensziel beziehungsweise die unternehmerische Vision beziehen. Auch ob das Ziel maßgeblich den privaten oder eher den beruflichen Lebensbereich betrifft, ist eine beliebte Kategorisierung.

Was hingegen meist unberücksichtigt bleibt, ist die Bewertung der Ziele nach ihrem Veränderungsgrad. Ziele haben ja immer etwas mit Veränderung zu tun: Ich verlasse die aktuelle Situation, um mich in eine neue zu begeben. Ich sollte deshalb bei jedem Ziel darüber nachdenken, wie viel persönliche Veränderung hierfür notwendig ist. Gerade diese Betrachtungsweise ist wesentlich, um zu prüfen, ob die selbst gesteckten Ziele, die unternehmerischen Ziele oder die Team-Ziele auch machbar sind. Denn je mehr Veränderung in einem Ziel steckt, desto schwerer ist es, dieses zu realisieren. Aus diesem Grund empfehle ich Ihnen, Ihre Ziele genauer unter die Lupe zu nehmen.

Welches Ergebnis streben Sie an?

Zunächst prüfen Sie, welche „Ergebnisziele“ Sie erreichen wollen. Also: Was werden Sie erreicht haben, wenn Sie Ihre eigentliche Arbeit und Ihre anderen Zielpläne erfolgreich umgesetzt haben. Es handelt sich also nicht um Vorhaben, die Veränderungen benötigen, sondern um das Ergebnis Ihrer Leistung. Daher bezeichnen wir sie auch als Nutzenernte. Zu diesen Ergebniszielen gehören im Unternehmen unter anderem Umsatz-, Gewinn- oder Renditeziele. Im privaten Bereich wären es Vermögensziele.

Welche Veränderung ist hierfür notwendig?

Viele Firmen operieren ausschließlich mit Ergebniszielen, aber ohne qualitative Ziele, die die notwendigen Veränderungen unterstreichen. Wenn Sie sich zum Beispiel für 2020 eine Umsatzsteigerung von zehn Prozent vorgenommen haben, dann sagt dieses Ziel zunächst nichts darüber aus, was Sie und Ihr Team zu tun haben, um diesen Wert zu erreichen. Die Zehn-Prozent-Steigerung ist letztendlich die Nutzenernte, die Sie erhalten wollen. Aber die wesentliche Frage bleibt offen: Erreichen wir dieses Umsatzziel, wenn wir unsere Arbeit einfach so erledigen wie bisher – oder benötigen wir Veränderungen, um diesen Wert zu schaffen? Falls ja, wäre zu klären, welche Anpassungen beziehungsweise Neuerungen notwendig sind. Daraus ergeben sich Veränderungsziele, also Vorhaben oder klare Projekte, die wir umsetzen müssen, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Und diese Punkte sind die eigentlichen Herausforderungen, vor der Sie und Ihr Team stehen. Denn je mehr Veränderung in einem Ziel steckt, desto schwerer ist es zu erreichen.

Um das für sich selbst zu verdeutlichen, stellen Sie sich doch mal folgendes Szenario vor: Versuchen Sie, jeden Tag eine Stunde früher ins Bett zu gehen und eine Stunde früher aufzustehen. Beginnen Sie dann den Morgen mit etwas Sport, einem guten Buch und etwas Meditation. Das wäre doch ein idealer Start in den Tag, und Sie hätten gleich all jene Dinge erledigt, die sonst liegen bleiben. Jeden Morgen stehen Ihnen nun 60 Minuten mehr zur Verfügung, die Sie ansonsten allabendlich vor dem Fernseher oder em Laptop vergeudet hätten. Sie werden mir zustimmen: Das ist eine gute Idee. Aber Sie werden feststellen oder bereits wissen, dass es einfacher gesagt ist, als getan. Insbesondere wenn Sie eine Nachteule sind und diese Veränderung Ihrer Veranlagung entgegengerichtet ist.

Oder Sie verändern Ihre Essgewohnheiten. Sie wissen bereits, wie man sich richtig ernähren sollte. Warum ziehen Sie es nicht konsequent durch? Weil uns Veränderung, insbesondere persönliche Verhaltensänderung, schwerfällt. Aus diesem Grund haben wir weniger ein Erkenntnisproblem als vielmehr ein Umsetzungsproblem, und zwar nicht nur in Politik und Gesellschaft, sondern wahrscheinlich auch in Ihrem Unternehmen und in Ihrem privaten Leben. Wir alle wissen, was man tun müsste, wie man sich ernähren sollte, wie viel Sport gesund wäre, welche Veränderungen im Unternehmen wichtig wären, …, aber es fehlt uns an der Kraft, den notwendigen Wandel anzupacken und zu vollenden. Gewohnheiten aufzugeben und neue, bessere Rituale zu etablieren, nötigt uns Veränderungsfähigkeit und Veränderungswilligkeit ab. Zwei Eigenschaften, die nicht jeder mit sich bringt, die aber aufgrund der gravierenden Wandlungen unserer Gesellschaft und der technischen Revolutionen notwendiger sind als je zuvor.

Wer sich Ziele selbst steckt, diese erreichen will und auch emotional bereit dazu ist, der besitzt bereits den Willen und den Wunsch zur Veränderung. Der erste wichtige Schritt ist getan. Sollten Sie hingegen einem Mitarbeiter ein Ziel verordnen, das dieser nur rational will, jedoch emotional ablehnt, dann wird es ihm an der Veränderungswilligkeit fehlen. Was es darüber hinaus noch braucht, ist die Fähigkeit, sich nicht nur verändern zu wollen, sondern sich tatsächlich auch zu verändern. Dazu gehört, dass der Zielverantwortliche in der Lage ist, das Ziel zu hinterfragen, es klar zu formulieren, Maßnahmen zur Zielerreichung sinnvoll zu planen, die Umsetzung zu organisieren und zu überwachen. Dass er also die einzelnen Schritte des HelfRecht-Regelkreises verstanden hat und die Werkzeuge kennt, die bei der Planung helfen. Weiterhin ist die Disziplin notwendig, sein gewohntes Handeln abzustellen und neues zu etablieren.

Das Positive daran: Man kann es lernen, die hierfür notwendigen Werkzeuge anzuwenden, und sich die nötige Disziplin erarbeiten. Je öfter Sie konfrontiert werden mit Veränderung, je mehr Wandel Sie bereits erlebt oder gar selbst initiiert und umgesetzt haben, desto mehr Veränderungsfähigkeit bringen Sie mit. Ein Team, das seit Jahren keinen Wandel mehr erfolgreich umsetzen musste, wird Schwierigkeiten haben, wenn Ziele zu erreichen sind, die Veränderung mit sich bringen. Es fehlt zum einen an der Kompetenz, wie solche Projekte planerisch angepackt werden, zum anderen an der Disziplin, Gewohntes abzulegen und Neues zu erlernen. Eine Mannschaft hingegen, für die Wandel üblich ist, besitzt die notwendigen Fähigkeiten und kann daher Ziele mit einem hohen Veränderungsgrad leichter umsetzen.

Es liegt also im Interesse Ihres Unternehmens, dass Sie als Führungskraft einen stetigen Wandel einfordern, damit Ihr Team Veränderungsfähigkeit erlernt. Auch wenn in Ihrer Organisation alles rund läuft und Sie keinen Bedarf für Wandel sehen, sollten Sie Veränderungsziele festlegen, damit Ihre Mannschaft fit bleibt und so krisenfest wird. Denn irgendwann wird auch in Ihrem Unternehmen ein Wandel existenzwichtig sein – und dann sind veränderungsfähige Mitarbeiter ein erfolgswesentlicher Aspekt.

Veränderungsziele lassen sich wiederum in drei Kategorien einteilen, je nachdem, wie hoch der Veränderungsgrad ist: Routineziele, Sonderziele und Wandelziele.

Routineziele sind alle Ziele, bei denen Ihre Mitarbeiter bereits wissen, was zu tun ist und wie es zu tun ist, da der Inhalt des Ziels bekannt ist. Sollten Sie sich zum Beispiel entscheiden, dass im kommenden Jahr statt bisher drei Kundenevents fünf durchgeführt werden, dann ist das zwar eine Veränderung, aber Ihr Team weiß, was zu tun ist. Es stellt höchstens zeitlich eine Herausforderung dar, aber nicht inhaltlich beziehungsweise fachlich. Jeder weiß, was zu tun ist, und keiner muss Gewohnheiten verändern.

Bei Sonderzielen handelt es sich um klassische Projekte. Es sind Ziele, die für Ihr Team inhaltlich neuartig sind. Eine dauerhafte Verhaltensänderung ist aber nicht notwendig, denn das Vorhaben hat einen festgelegten Anfang und ein festgelegtes Ende. Beispielsweise entscheiden Sie sich für neue Büro-Mietflächen, und es steht ein Umzug an. Dies mag für viele Mitarbeiter eine neue Situation sein, und das Team, das für das Projekt zuständig ist, steht vor der ein oder anderen logistischen Herausforderung. Doch nachdem sie die neuen Büros bezogen haben, ist das Ziel erfolgreich umgesetzt und der gewohnte Ablauf kann fortgesetzt werden.

Ziele, die von Ihren Mitarbeitern dauerhafte Veränderungen in ihrem Arbeitsverhalten erfordern, nennen wir Wandelziele. Ausgehend vom vorherigen Beispiel liegt hier ein Wandelziel vor, wenn durch den Umzug in die neuen Räumlichkeiten auch prozessuale Veränderungen in der Arbeitsweise des Teams notwendig werden. Das sind die schwierigen Vorhaben, denn gewohnte Routinen müssen aufgebrochen und neue Abläufe erlernt werden. Aus diesem Grund werden Sie hier mit Widerstand rechnen müssen. Man kann sogar behaupten: Gibt es keinen Widerstand, handelt es sich nicht um ein Wandelziel. Besondere Ziele sind in dieser Kategorie all jene, die die Unternehmenskultur verändern. Hier ist ein Change in Ihrer Organisation notwendig.

Dazu gehören Ziele, die folgende Bereiche beeinflussen:

  • Ihre Werte (Wie handeln und entscheiden wir?)
  • Ihre Struktur und Ihr Selbstverständnis (Wer sind wir?)
  • Ihr Geschäftsmodell oder Ihre Kunden (Was bieten wir wem?)
  • Ihre Vorstellung, was sein sollte (Was sind unsere langfristigen Ziele?)

 

 

Wenn Sie aufgrund neuer Ziele Ihre Antworten auf diese vier Fragen maßgeblich verändern müssten, dann liegt eine Änderung Ihrer Unternehmenskultur vor und damit ein maßgebliches Wandelziel für alle Mitarbeiter und die gesamte Organisation.

Es gibt auch Vorhaben, die für manches Teammitglied ein Wandelziel darstellen, für andere hingegen Routine. Sollten Sie beispielsweise eine neue ERP-Datenbank einführen, dann ist es für all jene Mitarbeiter, die bereits in anderen Unternehmen mit diversen ERP-Systemen gearbeitet haben, keine große Herausforderung, sich erneut auf eine neue Datenbank einzustellen. Für Mitarbeiter, die solch eine Veränderung in den letzten zehn Jahren nicht erlebt haben, handelt es sich hingegen um ein Wandelziel.

Prüfen Sie Ihren aktuellen Unternehmens-Jahreszielplan doch einmal daraufhin, ob jeder Mitarbeiter ausreichend Veränderungsfähigkeit an den Tag legen muss. Aber achten Sie auch darauf, dass niemand überfordert wird. So wie es für Sie schwer ist, gleichzeitig Ihre Essens-, Schlaf- und Bewegungsgewohnheiten zu ändern, wird auch Ihr Team scheitern, wenn Sie es mit zu viel Veränderung auf einmal belasten. Wie viel Wandel Ihr Unternehmen verträgt, hängt letztendlich von jedem Einzelnen und dessen Veränderungswilligkeit sowie -fähigkeit ab.

Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter

Abschließend noch ein paar Tipps, wie Sie einen Mitarbeiter dabei unterstützen, ein Wandelziel zu erreichen:

  • Geben Sie ihm ein klares, schriftlich formuliertes und widerspruchfreies Ziel.
  • Vertrauen Sie ihm und zeigen Sie ihm das.
  • Üben, üben, üben Sie mit ihm.
  • Stellen Sie sicher, dass eine Umsetzungsplanung (Zielfindung + Wieplan) erstellt wird.
  • Organisieren Sie Mitstreiter und ein unterstützendes Umfeld.
  • Achten Sie auf Kontrolle und soziale Verpflichtung.
  • Erläutern Sie die Bedeutung, also den Sinn des Ziels.
  • Versuchen Sie, das Ziel bildhaft zu beschreiben, um die Vorstellungskraft zu unterstützen.
  • Stellen Sie eine angemessene Belohnung in Aussicht. Das muss nicht finanziell sein.
  • Feiern Sie den ersten, wenn auch kleinen Erfolg.
  • Bleiben Sie beharrlich und zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter, dass Ihnen das Ziel wichtig ist.

 

Und sollte das ein oder andere Mal ein Wandelziel nicht so schnell umgesetzt werden, wie Sie es sich vorgestellt haben, dann trösten Sie sich mit Mark Twain: „Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen – man muss sie die Treppe hinunterprügeln, Stufe für Stufe.“

 

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Zum Autor:
Volkmar Helfrecht ist Vorstand der HelfRecht AG.

 

E-Mail an Volkmar Helfrecht

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